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Richard Brox "Kein Dach über dem Leben"


"Kein Dach über dem Leben" ist die Autobiografie des Berbers Richard Brox mit Unterstützung von Dirk Kästel (Recherche und Nachwort) und Albrecht Kieser (Text) - und mit einem Vorwort von Günter Wallraff. Es ist erst Anfang dieses Jahres erschienen und die von mir gelesene Ausgabe ist nun schon die 7. Auflage.

 

Richard Brox gibt den Obdachlosen eine Stimme und zeigt Einblicke in deren Welt, die nicht so gleich ist, wie sie für einen "normalen" Bürger von außen erscheinen möge. Brox ist es wichtig zu betonen, das es den Obdachlosen nicht gibt, sondern Unterscheidungen gemacht werden müssen - in Kategorien, wenn man so will, die er aber selbst vorgibt (Alkoholiker, Punks, Berber...).

 

Offensichtlich kümmerte sich keiner um mich. Niemand interessierte sich für mich, weder Vater, Mutter noch die Halbgeschwister. (S. 179) Im Rückblick lässt er sich schon als Siebenjähriger diese Bilanz ziehen, als er seinen betrunkenen Vater von der Kneipe nach Hause begleitet und sein erwachsener Halbbruder im Auto an ihm, keines Blickes würdigend, vorbeifährt. Und wenn das eh schon desolate und brüchige Elternhaus durch den Tod erst des Vaters und dann der Mutter ganz und gar wegfällt, wen wundert es dann, dass da nichts mehr ist, was einen jungen Erwachsenen hält. 

 

So entscheidet er sich mehr oder minder bewusst mit Einundzwanzig, ein Leben auf der Straße zu führen. Auch wenn er da noch in den Schlingen von Alkohol und Drogen gefangen ist, ist es die Reflektiertheit, die ihm aus diesem ganzen Sumpf rettet, der Anspruch, die Würde zu behalten und nicht unbedingt als Obdachloser wahrgenommen und erkannt zu werden, sondern eher als Wandersmann.

 

Es ist nicht nur seine Lebensgeschichte, die bestürzt und die er erzählen will, sondern immer will er auch von Weggenossen berichten und die Augen öffnen für die Hintergründe, die diese und ihn selbst haben fallen lassen. Und dabei will er sich und die anderen nicht nur als "Gefallene" zeigen, sondern und vor allem als Menschen.

 

Sorry, solch eine Biografie kann ich nicht beurteilen, da gibt es nichts zu kritisieren. Das ist ein Leben, das man so beschrieben stehen lassen muss - wie man es vielleicht mit allen Autobiografien tun sollte - aber mit solch einer umso mehr und erst recht.

 

Also, lesen bitteschön.

 

Auch als Schullektüre geeignet.

 

Richard Brox  "Kein Dach über dem Leben", Biografie eines Obdachlosen, mit Dirk Kästel (Recherche) und Albrecht Kieser (Text), Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 7. Auflage April 2018, 271 Seiten, ISBN 978 3 499 63294 5

 


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