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Feridun Zaimoglu "Die Geschichte der Frau"


So kam es zur Lektüre

Nominiert war "Die Geschichte der Frau" für den Preis der Leipziger Buchmesse 2019 im Bereich Belletristik, und ich fand den Titel und die Ankündigung einfach interessant, und wenn es denn für einen so renommierten Buchpreis nominiert ist, muss es doch etwas Gescheites sein...


Zum Inhalt

Nach ihren Siegen lernten die Männer,

Ruhmestaten zu erdichten.

Sie schrieben, sich erlügend, ihre Sagen.

Dies ist der Große Gesang, der ihre Lügen tilgt.

Es spricht die Frau.

Es beginnt. (S. 5)

 

In zehn je circa vierzig Seiten umfassenden Kapiteln wird Geschichte aus der Sicht der Frauen erzählt, so kommen zu Wort u. a.: Zippora, Frau des Moses, Antigone, Judith, Brunhild, Loreley oder auch Prista, eine Frau, die der Hexenverfolgung in Wittenberg zu Opfer fiel, oder auch Valerie Solanas, die in den 1960ern auf Andy Warhol schoss.


… die "Wahrheit"?

Ja, Feridun Zaimoglu war mit "Die Geschichte der Frau" für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert (und war sogar in der Shortlist, also unter den besten Fünf). Aber kennt Ihr das beim Lesen eines Buches, das zähe Vorankommen, bei jedem neuen Lesebeginn nach Lesepause kämpft man sich wieder in den Text, in den Inhalt, ständig muss man Zusammenhänge und Hinweise nachlesen (Internet und Handy sei Dank ;-) ), damit man Anspielungen versteht? Das Lesen ist zum Teil so zäh, dass man das Buch gerne in die Ecke schmeißen will und trotzdem hält einen etwas am Zu-Ende-Lesen?

 

So ein Buch ist "Die Geschichte der Frau" - anspruchsvoll, aber zugleich nervig, weil die Sprache an die jeweiligen Epochen der Figuren angepasst ist - so konsequent im Stil und im Wortschatz, dass ich so sehr vom eigentlichen (flüssigen) Lesen abgehalten wurde, weil dadurch gar kein Lesen möglich, kein Eintauchen in die Geschichte erlaubt war. 

 

Kaum eine Frau in diesen Geschichten ist dabei das, was wir vielleicht als weiblich sehen wollen, allesamt wissen sie genau, was sie wollen und wie (und das zum Teil sehr aggressiv und gewalttätig und dabei sehr männlich). Exemplarisch dabei die Geschichte der Hildrun Tillmanns, als Kieler Trümmerfrau im Kapiteltitel angekündigt, aber vor allem als eine Frau dargestellt bar jeglicher Empathie, abgehärtet und abgestumpft bis hin zum Äußersten, so dass mir nach dem Lesen des Kapitels regelrecht schlecht war.

 

Am sympathischsten die Geschichte der Gastarbeiterin Leyla, hier kann ich sogar mal schmunzeln vor all der bis dahin dargestellten angestrengten Ernsthaftigkeit.

 

Feridun Zaimoglus „Die Geschichte der Frau“ ist vielleicht ein notwendiges Buch, um manche Frauen aus dem Schatten der Geschichte und der Geschichte der Männer herauszuholen, lässt mich aber aufgrund der überwiegend martialischen Darstellungsweise sehr zwiespältig zurück. 

Feridun Zaimoglu, Die Geschichte der Frau, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1. Auflage 2019, 396 Seiten, ISBN 978-3-462-05230-5

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