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Klaus Trende "Traumschotter"


Leseanlass

„Es gibt ja nicht mehr viele, denen man Gedichtbücher schenken kann…“ So Ines zu Weihnachten mit Klaus Trende „Traumschotter“ in den Händen,

beziehungsweise: Ich muss immer wieder mal ein Gedicht lesen (und schreiben 😉).

Konkreter Inhalt:

Gedichte des Lyrikers Klaus Trende, geb. 1948, illustriert von Angela Hampel und mit einem Nachwort von Eva Strittmatter

Allgemeiner Inhalt:

Gedichte


Da sind auch ganz schön alte Kamellen dabei, aber schööön: Mensching, Wenzel, Wecker, van Veen, Lasker-Schüler und Gedichtsammlungen
Da sind auch ganz schön alte Kamellen dabei, aber schööön: Mensching, Wenzel, Wecker, van Veen, Lasker-Schüler und Gedichtsammlungen

Ein Plädoyer für Lyrik (statt einer Kritik)

Ich behaupte, ich gehöre zu einer aussterbenden Gattung: die der Gedichtleser. Ja, mir kann man noch Gedichtbücher schenken (danke nochmal, Ines, für das Weihnachtsgeschenk).

 

Ich habe seitdem immer wieder eines daraus gelesen (acht Monate lang) und mir sogar mal die Zeit genommen, die Muße, und es vom ersten bis zum letzten Gedicht gelesen. Und dann wieder einzelne, ausgewählte. Ich habe versuchet und mich bemühet, sie zu verstehen...

 

Gedichtanalyse! Muss man sogar in der Schule üben. Braucht man aber nicht. Muss man Gedichte verstehen? Muss man Gedichte interpretieren? Muss man wissen um Rhythmik, Duktus, Metrum, was weiß ich? Nö. Alles eher abschreckend.

  

Lesen und lesen und fühlen. Wirken lassen. Auch unverstanden lassen. Mehr nicht. Wir müssen nicht alles verstehen.

  

Was ich mag an Gedichten ist das Konzentrierte. Das Weggelassene. Da ist nichts zu viel. Und nichts zu wenig. Sperrig manchmal, dann wieder ganz zugänglich, so unterschiedlich in den verschiedenen Momenten fühlbar. Spürbar.

Kostprobe?


 Spüren

 

Unter dem Mokassin

 das trockene Gras,

  

die Kreidezeichnung von Elena

 auf dem Pflasterstein, als sie ein

Kind war,

  

den Schmerz des Insekts

im Bernsteintropfen,

  

jenen vergessenen Schrei einer Mutter im

Jahr zweitausendachtundvierzig, wenn

der Planet kippt,

  

den Schatten der Robinie, die mir

 durchs Fenster wächst,

  

deinen ruhigen Atem, als wir uns

nackt umarmen,

  

ein frisches Hemd, und das kühle

 Wasser nach einer Liebesnacht,

 

die namenlosen Dinge, meine

Fesseln,

 

an der grauen Straße den Bettler,

 den Glanz der Messingmünze im

 Violinkasten und

die Kunst der Fuge am hellen Tag,

 

die toten Augen des

 Abessiniers nach dem Barfußsieg

 auf der Via Appia,

 

die feuchte Haut auf der Kastanie,

wenn sie früh aus der Schale bricht,

  

den Text von meinem ersten Leben:

 Alles ist nur Übergang,

  

und den sanften Druck deiner Finger,

 wenn du meine Lider

 

schließt, um weiter zu gehen

ohne mich.

(Klaus Trende)


Klaus Trende, Traumschotter, Gedichte, Illustrationen von Angela Hampel, mit einem Nachwort von Eva Strittmatter, DER FABRIKVERLAG Ackermann GmbH & Co. KG Cottbus, Printed 1997, ISBN 3-932304-06-3

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