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Alan Bennett "Der souveräne Leser"


Inhalt

Stehen in „Die souveräne Leserin“ die Queen höchstselbst und ihr Weg zu den Büchern und zum Lesen im Mittelpunkt reflektiert Alan Bennett nun in „Der souveräne Leser“ sein eigenes Lektüreverhalten.


Mieze-Kritik zu "Der souveräne Leser"

Verkaufstaktisch ist nach dem Bestseller „Die souveräne Leserin“ aus dem Jahre 2007 ein Buch mit dem Titel „Der souveräne Leser“ zu publizieren sicher geschickt, wenn auch langweilig. Nötig hat ein Autor wie der gerade 86 Jahre gewordene Alan Bennett diese Finte sicherlich nicht. Nichtsdestotrotz verbinde ich mit einem solch verwandt klingenden Titel eine Erwartungshaltung, denn „Die souveräne Leserin“ war eine witzige, schlitzohrige und souverän 😊 geschriebene und ausgesprochen amüsant zu lesende Geschichte.  

 

Auch in „Der souveräne Leser“ klingt the typical British humour immer wieder durch. Gleichsam mit Anekdoten zum Schmunzeln: So, wenn Alan Bennett glaubt, in einem Bibliotheksexemplar sei eine wichtige Stelle von einem anderen Leser markiert worden, sich darüber wunderte, warum überhaupt, um beim Umblättern zu bemerken, dass sich dort am Seitenrand lediglich ein dunkles Haar befand.

 

Mir fehlt allerdings eine Basis-Geschichte wie in „Die souveräne Leserin“ mit der Queen, so dass mich Bennett mehr am Haken halten könnte. Aber das liegt an der Sache an sich: Hier beschreibt Bennett autobiografisch und in einer Auswahl aus Texten aus verschiedenen Büchern sich selbst als souveränen Leser. Zum Teil auch im Stil eines Lese-Tagebuches, wie er selbst zum Lesen, zu den Büchern und den Autoren gefunden hat und welche Meinung er zu diesem oder jenen, auch bekannteren Schriftstellern, hat. Über weite und lange Teile sinniert er allerdings über englische Schriftsteller, die ein deutscher Leser kaum kennt, Philip Larkin oder Denton Welch z. B., das macht das Lesen langatmig. Am interessantesten, weil auch bekannt, darum immer noch die Passagen über Franz Kafka.

 

Zum Schluss war ich dennoch glücklich, dass mich Bennett über den Umweg Philip Larkin auf den Dichter Wyston Hugh Auden aufmerksam gemacht hat, dessen Gedicht „Funeral Blues“ in dem Kinofilm „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ zitiert wurde, explizit hatte ich die kursiv gekennzeichnete Stelle noch im Kopf:

 

Stop all the clocks, cut off the telephone,
Prevent the dog from barking with a juicy bone,
Silence the pianos and with muffled drum
Bring out the coffin, let the mourners come.

Let aeroplanes circle moaning overhead
Scribbling on the sky the message 'He is Dead'.
Put crepe bows round the white necks of the public doves,
Let the traffic policemen wear black cotton gloves.

He was my North, my South, my East and West,
My working week and my Sunday rest,
My noon, my midnight, my talk, my song;
I thought that love would last forever: I was wrong.

The stars are not wanted now; put out every one,
Pack up the moon and dismantle the sun,
Pour away the ocean and sweep up the wood;
For nothing now can ever come to any good.

 


Alan Bennett, Der souveräne Leser, Aus dem Englischen von Ingo Herzke, 2020 für die Auswahl und die deutsche Ausgabe: Verlag Klaus Wagenbach, Berlin, 139 Seiten, ISBN 978 3 8031 1349 8

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