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Hera Lind "Die Hölle war der Preis"


Ich habe Hera Lind vor vielen Jahren gelesen, es muss „Das Superweib“, also in den 1990er Jahren gewesen sein. Unterhaltsame Literatur, zur Autorin habe ich seitdem nicht wieder gegriffen. Nun habe ich Hera Lind zum Geburtstag von meinen lieben Kolleginnen 😊 geschenkt bekommen. „Die Hölle war der Preis“ - nach einer wahren Geschichte – Hera Lind hat in dieser Reihe schon einige Romane veröffentlicht.

 

Die wahre Geschichte dreht sich hier um die Balletttänzerin Gisa Stein – genannt Peasy – und ihren Ehemann Edgar, die in der DDR aufwachsen und: anecken. Peasy darf nicht mehr tanzen, ihre Tochter Lilly wächst bei der Schwester auf, die Ausbildung zur Theaterschneiderin ist Zwang. Edgar revoltiert noch mehr als Gisa, auch im äußeren Erscheinungsbild, mit dem DDR-System.

 

Aus der Unzufriedenheit wächst der dringende Wunsch, aus der DDR auszureisen. Den Freunden ist die Flucht gelungen, sie wollen es mit deren Hilfe aus dem Westen im Kofferraum eines Autos versuchen. Im Januar 1974 ist es dann soweit – aber die Flucht misslingt, sie werden am Grenzübergang entdeckt. Peasys „Weg“ als politisch Inhaftierte führt schließlich bis in das berüchtigte Frauengefängnis Hoheneck im Erzgebirge.


Mieze-Kritik zu "Die Hölle war der Preis"

Hera Lind "Die Hölle war der Preis"
Hera Lind "Die Hölle war der Preis" Foto: Jana Hebig

Was Hera Lind Peasy ab diesem Zeitpunkt erzählen lässt, erleben lässt, nein: was sie tatsächlich erlebt hat, lässt mich manches Mal beim Lesen den Atem anhalten. Nein! Das trifft es ganz und gar verkehrt. Ich bin in der DDR aufgewachsen – die Widrigkeiten, denen Peasy und Edgar im normalen Alltag, sage ich jetzt mal so lapidar, ausgesetzt waren, waren bekannt, kannte ich auch so oder in einer anderen oder ähnlichen Art.

 

Aber es ist einfach unvorstellbar, was Peasy und alle anderen Frauen in diesem Gefängnis, in diesem Verwahrungssystem, mit diesen Wärterinnen, unter diesen Umständen und Bedingungen erlebt haben. Mittelalterlich. Menschenfeindlich. Und das in den 1970er Jahren und noch danach!

 

Das Beschriebene lässt mich nicht nur manches Mal den Atem anhalten, sondern die gesamte Geschichte lang. Das, was in diesem Gefängnis abging: ist einfach unglaublich. Der Trost, der mir beim Lesen blieb, war das Bewusstsein, das ich von vornherein hatte, nämlich, dass das Erlebte für Peasy und Edgar schließlich positiv ausgehen wird!

 

Hera Lind gelingt es, sehr plastisch, sehr anschaulich am Beispiel Gisa Steins zu beschreiben und wiederzugeben, wie und was den Frauen in Hoheneck passiert ist. Die Verzweiflung, die Beklemmung, die Ohnmacht – all das übertrug sich auf mich – und besonders nahegehend waren die Besuche der Mutter im Gefängnis… 

 

Vor meinen lesenden Augen sind genau die Bilder entstanden, die ich dann auf der Webseite der Gedächtnisstätte wiederfand.

 

Dringende Leseempfehlung: Jeder sollte sich mit diesem Teil der deutschen Geschichte auseinandersetzen – in Ost wie West.


Hera Lind, Die Hölle war der Preis, Diana Verlag, München 2020, 448 Seiten, ISBN 978 3 453 36076 1

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