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Freya Sampson "Die letzte Bibliothek der Welt"


Seit langem wieder einmal eine Büchereiausleihe auf „Gut Glück“, weder Autorin noch Titel kannte ich.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die 28jährige June Jones. Seit sie ihre Mutter an den Krebs verloren hat, scheint für sie die Welt stillzustehen. Zwar liebt sie wie ihre Mutter die Arbeit als Bibliothekarin in der ortsansässigen Bücherei, geht darin auf, dort anderen Menschen zu helfen, hat sich aber ansonsten vom Leben zurückgezogen und insbesondere den Faden zu ihren eigenen Wünschen gekappt. Die nächste große Zäsur steht für sie und die Menschen im Dorf bevor, als bekannt wird, dass die Bücherei geschlossen werden soll. Wird sich June aus ihrer Lethargie befreien können und kämpfen?


Freya Sampson "Die letzte Bibliothek der Welt"
Freya Sampson "Die letzte Bibliothek der Welt"

Natürlich ist der Verlauf der Geschichte um June Jones und die Dorfgemeinschaft im englischen Chalcot in gewisser Weise vorhersehbar, aber das macht sie für mich auch gerade sympathisch. Sie lebt von lebendigen Dialogen zwischen Menschen wie du und ich, die du in deinem Dorf, in deiner Stadt in deiner Nachbarschaft so auch treffen könntest. Die strenge Chefin Marjorie, die immer motzende Mrs. Bransworth, der mit seinen Lebensentscheidungen hadernde Stanley, die zugezogene und Kontakt suchende Leila, die gute Nachbarin und Freundin Linda oder der Schulfreund aus Kindheitstagen Alex … und nicht zuletzt die schüchterne und sich einigelnde June. Irgendwo ist jede/r hier versteckt und fühlt sich wohlwollend gespiegelt.

 

Eine - in Südtiroler Lebensart eingebettete - leichte und lockere Urlaubslektüre, die mich mit Beschreibungen zwischenmenschlicher Momente und Begebenheiten in allen Facetten überzeugte und die so einfach die Zusammenführung ganz unterschiedlicher Charaktere aufzeigte. Dennoch machte sie an vielen Punkten nachdenklich.

 

Können, wollen, müssen wir andere beurteilen? Warum gelingt es uns nicht, das einfach zu lassen? Warum neigen wir dazu zu vergleichen? Schaffen wir es, den anderen zu nehmen, wie er ist und gerade dadurch das Beste aus ihm für die Sache heraus zu kitzeln? 

 

Empfehlenswert, auf gut Glück 😉


Freya Sampson ist Fernsehproduzentin und war u. a. an zwei Dokumentationen über die britischen Royals beteiligt. Sie hat in Cambridge Geschichte studiert und stand 2018 auf der Shortlist für den Exeter Prize. Sie lebt mit ihrer Familie in London.

 

Lisa Kögeböhn studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und Straßburg. Sie übersetzt Romane und Sachbücher aus dem Englischen und Französischen, u. a. von Kevin Kwan, Steven Price und Megan Nolan.


Freya Sampson, Die letzte Bibliothek der Welt, Roman, Aus dem Englischen von Lisa Kögeböhn, DuMont Buchverlag, Erste Auflage, Köln 2021, 366 Seiten, ISBN 978 3 8321 6567 3

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