· 

Yasmina Reza "Babylon"


Diese Geschichte hat mich überrascht…

 

Der Einstieg war holprig, auch im zweiten Anlauf (Maxie Wander hatte sich dazwischengeschoben…). Ich fand erneut schwer in die Erzählung der Pariserin Elisabeth Payze, die an ihrem 60. Geburtstag irgendwie in eine Beziehung zu ihrem Nachbarn Jean-Lino tritt, scheinbar ganz unverbindlich und freundschaftlich. Die Figuren um die Zwei herum konnte ich nur mühsam sortieren.

 

Aber dann organisiert Elisabeth eine Party, ein Frühlingsfest just am Frühlingsbeginn, dem 21. März… eine Abendgesellschaft… und, siehe da, es schleicht sich, fast unbemerkt zunächst, ein amüsanter Ton ein, der immer deutlicher wird. Und Yasmina Reza changiert ab da galant zwischen Ernsthaftigkeit und Humor, da wird es lustig an Stellen, wo ich es nicht erwarte. Ich staune und schmunzle... und es hört nicht auf!


„Ich fuhr hinunter, allein mit einer Leiche.“ (S. 145)

Yasmina Reza "Babylon"
Yasmina Reza "Babylon"

Die Autorin umfasst Themen wie Altern und Vergänglichkeit - nicht nur unsere, sondern auch des Glücklichseins und des Moments -, die Garantielosigkeit des Lebens, der Beziehungen und das Aus-den-Fugen-Geraten - und wechselt dann aber leichtfüßig und oft so unvermittelt in einen milden, belustigten Blickwinkel, wenn sie beispielsweise genau in den eigentlich tiefernsten Momenten über eigene Äußerlichkeiten oder der ihrer Mitspieler*innen sinniert.

 

Nun, ich will es verraten: Eine Person überlebt diese Partynacht nicht. Und warum dies geschehen konnte und was dieses unerhörte Ereignis mit der Freundschaft zwischen Elisabeth und Jean-Lino (was für ein Name 😉) macht – darum geht es auch. Und ein Kater, der nur Italienisch versteht, der Edouard, spielt dabei auch eine Rolle. Am Ende vielleicht alles nur wegen der Katz‘!?

 

Danke, Frau Reza. Ich fühlte mich vortrefflich unterhalten und wurde dennoch immer wieder auf das Leben zurückgeworfen. Ganz so, wie es eben sein kann, das Leben!


Aus der Klappe: Yasmina Reza ist Schriftstellerin, Regisseurin und Schauspielerin und die meistgespielte zeitgenössische Theaterautorin. Bei Hanser erschienen zuletzt Frühmorgens, abends oder nachts (2008), Nirgendwo (2012) und Glücklich die Glücklichen (Roman, 2014). Ihr Stück Der Gott des Gemetzels wurde 2011 von Roman Polanski verfilmt.

 

Frank Heibert, 1960 geboren, übersetzte u.a. Marie Darrieussecq, Don DeLillo und Richard Ford. Hinrich Schmidt-Henkel, 1959 geboren, übersetzte u.a. Jean Echenoz, Louis-Ferdinand Céline. Gemeinsam erhielten sie den Straelener Übersetzerpreis 2017.


Yasmina Reza, Babylon, Roman, Aus dem Französischen von Frank Heribert und Hinrich Schmidt-Henkel, Carl Hanser Verlag 2016, 219 Seiten, ISBN 978 3 446 25651 4

Kommentar schreiben

Kommentare: 0