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Kristina Hauff "Unter Wasser Nacht"


Wie erträgt sich das Leben nach dem Verlust eines Kindes? 

 

Dieses schwere Thema greift Kristina Hauff in ihrem Roman „Unter Wasser Nacht“ auf. Aaron, elf Jahre, ist in der Elbe ertrunken. Wie ist auch dreizehn Monate danach ungeklärt. Sophie und Thies trauern komplett entgegengesetzt - sie vergräbt sich im Beruf, er kann nicht mehr arbeiten. Auf dem gemeinsam genutzten Hof wohnen nebenan Inga, Bodo, Lasse und Jella - wie Hohn und kaum zu ertragen ist der tägliche Blick auf das scheinbar perfekte Glück der befreundeten Familie …


„Er lief durchs Haus wie ein Untoter, vegetierte dahin, ohne zu sehen, zu fühlen, zu schmecken.“ (S. 42)

Kristina Hauff "Unter Wasser Nacht"
Kristina Hauff "Unter Wasser Nacht"

Die Situation fängt mich sofort ein - Hauff erzählt sensibel und aus den unterschiedlichen Perspektiven der Erwachsenen - ich spüre dadurch deutlich die Schwingungen, das Abtastende, das Unerträgliche und Unausgesprochene zwischen den Eltern und dem Paar Thies und Sophie, aber auch die Sicht und das Verhalten der Freunde sind glaubhaft. Puzzleartig beginnen sich die Geschichtenteile zusammenzusetzen.

 

Maras Auftauchen im Ort bricht die Schockstarre, in der sich alle befinden, auf. Sie stößt vieles an - die Fremde nimmt mehr und mehr Raum im Alltag und in den Gedanken aller ein. Und das ist genau der Punkt, an dem meine Begeisterung nachlässt, und sich für mich zur Schwäche des Romans entwickelt: Da ist zu viel Mara und zu wenig Aaron - und schließlich auch zu wenig Jella.

 

Aaron war offensichtlich ein schwieriges Kind - ohne Freunde, sozial isoliert, verhaltensauffällig. Wenig Gutes wird über ihn und auch erst zum Ende hin erzählt. Wie ging es ihm? Warum wurde er so? Warum nahmen Sophie und Thies sein Anderssein so tatenlos hin? Wieso bekamen Bodo und Inga nicht mit, was mit Jella geschah und los war, und reagierten nicht, als sie sich veränderte? Wie ging es überhaupt den Kindern ohne Aaron?

 

 „Unter Wasser Nacht“ setzt sich vor allem mit der Blindheit und der Unbeholfenheit der Erwachsenenwelt auseinander, der es nachvollziehbar schwerfällt, die eigene Lethargie zu überwinden. Bei diesem psychisch so herausfordernden Geschehen sind mir die Perspektiven der jüngeren Beteiligten zu wenig dargestellt - das Bild um Aarons Tod kann nur mit ihren Dimensionen rund werden.

  

Drei von fünf Miezen.


Kristina Hauff wurde am Niederrhein geboren. Sie arbeitete als Pressereferentin für Fernsehserien von ARD und ZDF und am Theater. Unter ihrem echten Namen Susanne Kliem schreibt sie erfolgreich Kriminalromane. Für Unter Wasser Nacht verbrachte sie längere Zeit im Wendland und recherchierte in Archiven. Kristina Hauff lebt mit ihrer Familie in Berlin.


Kristina Hauff, Unter Wasser Nacht, Roman, hanserblau in der Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, 2. Auflage München 2022, 286 Seiten, ISBN 978 3 446 27288 0

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