Eine Nordseeinsel. Ein Jahr bei Familie Sanders: Hanne, Jens, Ryckmer, Eske und Henrik. Eine Museumsführerin, ein Vogelwart, ein Seemann, eine Altenpflegerin, ein Strandgutkünstler. Und noch der Pfarrer, Matthias Lehmann. Und noch der eine oder andere Inselmensch...
Muss man mehr wissen? Muss man nicht.
Dörte Hansen jedenfalls sitzt mit da, auf dieser Insel, am Strand, an der Fähre, auf Driftland (Kapitel 4 - mein liebstes), in der Kirche, beim Bäcker, bei den Sanders daheim, in diesem pittoresken, reetgedeckten Haus. Sie beobachtet und erzählt. Leise, bedächtig, respektvoll. Mit Abstand, aber nah dran.
Manchmal scheint sie sich zu wundern. Sie weiß, sie kann nicht eingreifen in das, was sie sieht und hört. Reden aber hört sie sie kaum, die Sanders. Sie leben ihr Leben, aber können nicht ohne einander. Brauchen einander und wollen doch den anderen loslassen. Schaffen es nicht. Die Insel hält sie und die See und der Wind und der Wal. Und die Touris auch, irgendwie.
Es ist ein stoisches Sich-dem-Leben-und-allem-Ergeben und doch nehmen, was es zu bieten hat. Mit all seinen Veränderungen. Müssen wir ja. Oder?
Wie in einem Stummfilm war mir’s beim Lesen.
In einem guten. In einem richtig guten.
P. S. Meine Meinung zu "Altes Land" und "Mittagsstunde" kannst Du auch nachlesen.
Dörte Hansen, geboren 1964 in Husum, arbeitete nach ihrem Studium der Linguistik als NDR-Redakteurin und Autorin für Hörfunk und Print. Ihr Debüt Altes Land wurde 2015 zum "Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels" und zum Jahresbestseller 2015 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Ihr zweiter Roman Mittagsstunde erschien 2018, wurde wieder zum SPIEGEL-Jahresbestseller und mit dem Rheingau Literatur Preis sowie dem Grimmelshausen Literaturpreis ausgezeichnet. Dörte Hansen, die mit ihrer Familien in Nordfriesland lebst, ist Mainzer Stadtschreiberin 2022.
Dörte Hansen, Zur See, Penguin Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, 1. Auflage, München 2022, 253 Seiten, ISBN 978 3 328 60222 4
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