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Dirk Gieselmann "Der Inselmann"


Es ist ein Dezember, vielleicht in den 1960ern, scheinbar in der DDR – das erfahre ich wie nebenbei, so dass ich später unsicher werde, es gelesen zu haben. Ich friere nicht nur wegen der Jahreszeit mit dem Vater, der Mutter und dem Jungen, die da an der Reede stehen und auf den Kahn warten, der sie rüberbringen soll zum einzigen Haus auf der Insel im See, ihrem neuen Wohnsitz. 

Dirk Gieselmann "Der Inselmann"
Dirk Gieselmann "Der Inselmann"

Zu der äußeren Kälte und Armut, kommt eine innere - ein Abhandensein von Wärme, von Gefühlen, von Worten, von Zugewandtheit zwischen den Eltern selbst und zu ihrem zehnjährigen Sohn. Die zudem „verfluchte Schule“ glaubt Hans hinter sich zu lassen.

 

Die Insel – für ihn ein großer Glücksfall, hier kann er ganz bei sich sein, mit der Natur und den Tieren und mit Bull, dem Hund des Schäfers. Doch die Schule hat ihn bald wieder und nach einer Woche Schwänzen kommt er in ein Erziehungsheim –

 

Dieses Buch schmerzt. Darin sind Eis, Kälte, Wind, Stille, Schweigen und Einsamkeit. Darin ist eine Sprache, die all dies transportiert, nahezu jedes Wort, jeder Satz sitzt … und die Klarheit, Knappheit und Härte der Sprache bricht genau dann ins Gegenteil, wird zart und empfindsam, wenn sie ganz bei Hans ist, seinen Erinnerungen, seinen Sehnsüchten, seinen Gedanken, seiner Immigration.

 

Was das ist, was Gieselmann mir mit seiner Geschichte anbietet, weiß ich nicht, dafür braucht es keine Definition.

 

Was bleibt, ist eine Insel. Ein Mann. Ein Leben. Eine Möglichkeit.

  

Und ein Nachhallen. Das macht sie. 

 

P. S. Vielen Dank an den Verlag Kiepenheuer & Witsch für das Leseexemplar.


Dirk Gieselmann, Der Inselmann, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 1. Auflage, Köln 2023, 171 Seiten, ISBN 978 3 462 00025 2

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