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Isabelle Autissier "Acqua alta"


Vater, Mutter, Tochter – eine Familie und ihre Liebe zu Venedig, welche allerdings auf ganz unterschiedliche Art und Weise Ausdruck findet.

 

Als Wirtschaftsrat verbindet Guido seine Hingabe an die Stadt vor allem mit Geld, Macht und Wachstum, gesichert durch die Touristenströme. Maria Alba schöpft ihre Verbundenheit aus der eigenen, weit zurückgehenden venezianischen Familienhistorie. Und Léa entdeckt, angeregt durch ihren Lehrer beim Studium, wie gefährdet ihr Venedig ist –

Isabelle Autissier "Acqua alta"
Isabelle Autissier "Acqua alta"

„Acqua Alta“ bedeutet Hochwasser. Isabelle Autissier thematisiert in ihrem Roman die Gefährdung der Lagunenstadt durch die alljährlichen Hochwasser und beleuchtet deren Ursachen umfänglich.

 

Das Buch beginnt mit starken und eindrucksvollen Bildern. Die Autorin führt mich mit Guido im Boot durch das zerstörte Venedig nach DER Hochwasserkatastrophe. Sie konzentriert sich danach auf die familiäre Vorgeschichte und die Zerrissenheit in der Familie. Die Liebe zur Stadt eint die Familienmitglieder nicht, sondern trennt sie. Der Vater hält ignorant an der für ihn einzig möglichen Rettung der Stadt durch das MO.S.E.-Sperrwerk fest und nimmt dafür den Bruch mit der Tochter in Kauf, die Mutter erwacht zu spät und zu schwach aus ihrer Passivität und die Tochter wird zur vereinsamenden Aktivistin.

 

Auch wenn diese drei Hauptfiguren etwas zu symbolhaft gesellschaftliche Haltungen widerspiegeln, bleibt diese Geschichte ein informatives, lehrreiches und aufrüttelndes Werk. Schmerzhaft aktuell und augenöffnend, wenn mensch denn will; und wer nach der Lektüre noch in ein „schwimmendes Hochhaus/Städtchen“ steigt, um die Welt oder Venedig zu bereisen, mh –

 

Große Leseempfehlung. 


Isabelle Autissier, 1956 in Paris geboren und dort aufgewachsen, lebt heute in La Rochelle. 1991 machte sie Furora als erste Frau, die allein im Rahmen einer Regatta die Welt umsegelte. Seit den Neunzigerjahren widmet sie sich dem Schreiben und war von 2009 bis 2021 Präsidentin des WWF Frankreich. Zuletzt erschien im mareverlag ihr bei Publikum und Presse erfolgreicher Roman Klara vergessen (2020). Ihr Roman Herz auf Eis (mare 2017) war für den Prix Goncourt nominiert, wurde SPIEGEL-Bestseller und für das Kino adaptiert.

 

Kirsten Gleinig, geboren 1970, studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Romanistik in Göttingen und Aix-en-Provence. Sie lebt in Hamburg und übertrug u. a. Laurence Tardieu, Éliette Abécassis, Georges Simenon und Amanda Sthers ins Deutsche. Für mare übersetzte sie Herz auf Eis und Klara vergessen.


Isabelle Autissier, Acqua alta, Roman, Aus dem Französischen von Kirsten Gleinig, mareverlag, 1. Auflage, Hamburg 2024, 207 Seiten, ISBN 978 3 86648 708 6

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