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Ferdinand von Schirach "Der Fall Collini"


Ich wollte...

nach "Strafe" ein zweites Buch von Ferdinand von Schirach lesen.


Darum geht’s

Ein alter Mann wird in einem Hotel von einem bis dahin völlig unbescholtenen Mann, Fabrizio Collini, erschossen. Der gerade vom Studium entlassene Rechtsanwalt Caspar Leinen übernimmt die Pflichtverteidigung und muss feststellen, dass der Ermordete der Großvater seines Freundes aus Kindheitstagen ist, den und dessen Familie er sehr gut kennt. Nichtsdestotrotz behält er nach ersten Zweifeln die Verteidigung seines Mandanten und macht sich auf die Suche nach dem Motiv des Täters, da dieser dazu beharrlich schweigt.


Rezension – Show, don’t tell

Krimis sind nicht so mein Ding, zugegebenermaßen. Weder als Film, wo allzu deutliche Bilder krimineller Taten mir das Zuschauen verderben, und auch nicht als Buch, wo man liest und liest (und dann auch mal zu schnell und zu oberflächlich liest), damit man endlich, endlich an die Stelle kommt, an der man erfährt, wer der Täter ist.

 

Bei Ferdinand von Schirach’s „Der Fall Collini“ kommt der Suche nach dem Täter die Suche nach dem Motiv des Täters gleich, denn der Täter selbst steht von Anfang an fest. Der Mord geschieht im ersten Kapitel, der Täter wird sofort und zweifelsohne überführt, der aber zum Warum seiner Tat schweigt.

  

So ist einiges beschrieben (mitsamt einer detailgenauen Obduktion, die ich geflissentlich überblätterte), aber nicht so viel passiert, bis es bei Verteidiger Caspar Leinen klick macht und er der Sache auf die Spur kommt, und zwar auf Seite 117 von nur 193 Seiten der Geschichte.

 

Das liest sich alles wirklich gut und unterhaltsam bis dahin, der Hauptdarsteller allerdings ist nicht Fabrizio Collini, sondern Caspar Leinen, dieser ist sympathisch dargestellt und hat mit einem älteren erfahrenen Anwalt auch einen passenden Gegenspieler in der Nebenklage - über den Mann allerdings, der dem Roman den Namen gibt – Collini - erfährt man bis dahin so gut wie gar nichts.

  

Es ist somit auch nicht die Tat des Fabrizio Collini als vielmehr der Fall vor dem juristisch-geschichtlichen Hintergrund, den Ferdinand von Schirach interessiert (hier im Interview) – es geht um die nahezu unbeachtete Einführung eines Gesetzes im Jahre 1968 – dem Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, EGOWiG, das u. a. auch Morde aus Nazizeiten verjähren ließ und zur Folge hatte, das unzählige laufende Verfahren gegen Nazigräueltaten eingestellt wurden. 

  

Ferdinand von Schirach beobachtet, beschreibt, berichtet, wie auch im Erzählband "Strafe"  bleibt das Darlegen des Psychologischen oder des Inneren der Handelnden weitestgehend außen vor. Obwohl mir dieser Schreibstil mehr als gefällt, ist er mir hier einen Ticken zu reduziert – da ist zu wenig, was be-rührt, um mich ganz bei den Figuren und der Geschichte wiederzufinden – ich lese und lese, ja, ich bin interessiert, ja, ich bin dabei, und bin dann irgendwann irgendwie fertig. Mehr nicht.

Den Roman "Der Fall Collini" kann man, wie auch die meisten der Bücher von Ferdinand von Schirach, in der Gemeindebücherei Zellingen ausleihen.

 

Ferdinand von Schirach, Der Fall Collini, Piper Verlag GmbH München, 2. Auflage 2011, 193 Seiten, ISBN 978-3-492-05475-1


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