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Laetitia Colombani "Der Zopf"


Liebe Bücher- und Lesefreunde!

 

Es ist mit Büchern wie mit den Menschen so auch mit den Autoren – der erste Eindruck zählt und so kann das Gegenüber, also hier der Leser, ruckzuck Vorurteile aufbauen, wenn das zuerst rezipierte Buch ein eher schwaches des Autors oder der Autorin ist.

 

So hatte das von mir zuerst gelesene Buch „Haus der Frauen“ von Laetitia Colombani vor allem starke inhaltliche Aspekte, schwächelte aber in der Umsetzung und des Transfers auf mich als Leserin. Drei von fünf Miezen bedeuten nicht unbedingt „schlecht bewertet“, bedeuten immer noch ein gut lesbares Buch! – können jedoch Hindernis und können es auch nicht sein, um weitere Lektüre folgen zu lassen. Ähnlich wie es bei den Menschen ist – bauen sich Vorurteile über den ersten Eindruck auf, geben wir diesen nach oder lassen einen zweiten Versuch zu? Das sind oft nur Sekundenbruchteile einer Entscheidung.

 

Auf der letzten Seite vom „Haus der Frauen“ wusste ich allerdings schon – „Der Zopf“ wird folgen.


Mieze-Kritik zu "Der Zopf" von Laetitia Colombani

Drei Frauen, drei Lebensgeschichten in drei Teilen der Welt, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

 

Smita in Indien, deren Berufsbezeichnung „Klofrau“ ihre tatsächliche Tätigkeit - westlichen Standard Gewöhnte - noch lieblich umschreibt. Giulia, Tochter eines Perückenfabrikanten in Italien, und schließlich Sarah, erfolgreiche Karriereanwältin in Kanada. Drei besondere, sehr auseinandertriftende Lebenswelten und -schicksale, dreimal Kämpfen und Starksein auf verschiedene Weise, dreimal Frei-Sein-Wollen in den Entscheidungen – die Geschichten laufen lange Zeit parallel, bis sie sich zum Ende des Romans auf geschickte Weise wie bei einem Zopf verknüpfen…

 

Ein Buch, das sich wegen folgender Gründe angenehm lesen lässt:

  •  Laetitia Colombani lässt die Figuren, die Szenen und die Geschichten in weiten Teilen selbst wirken.
  •  Die Liebesgeschichte zwischen Giulia und Kamal erhält weit mehr Aufmerksamkeit durch die Autorin als zwischen Blanche und Albin im „Haus der Frauen“. Gefällt mir.
  • Die Sprache hat Leichtigkeit und liest sich unkompliziert und
  • die Geschichtenabfolge baut aufeinander auf, dadurch war ich, selbst wenn ich im Lesen pausieren musste, schnell wieder im Geschehen.

Dennoch tun sich für mich an vielen Stellen wieder Schwächen auf:

  1. Szenen werden einfach kitschig, wenn Sätze in ihnen auftauchen wie: Kamal erstarrt, er sieht sie an wie eine Blume, die man nicht pflücken möchte, aus Angst, man könnte sie zerdrücken. (S. 123) oder In solchen Momenten umweht ihn wieder dieser Mantel der Traurigkeit. (S.125) Na ja, das braucht es meinerseits nicht. Weniger! Und damit weglassen hat manchmal mehr Wert für den fantasierenden Leserkopf.
  2. Für die Figur der sehr kühl dargestellten Sarah habe ich eine regelrechte Abneigung entwickelt, die durch ihren nicht authentischen Wandel und durch das hollywoodgerechte Ende nicht aufgelöst wird.

Alles in allem komme ich deshalb in der Gesamtwertung wieder nicht über drei Miezen hinaus, so bleibt der erste Eindruck, schon mit „Haus der Frauen“ gewonnen: Die Idee an sich ist wieder reizvoll zu lesen, jedoch erreichen dabei mich und mein Herz die Figuren, die Geschichten nicht wirklich.

 

Drei von fünf Miezen heißt aber auch immer noch: lesenswert! Hauptsache überhaupt: LESEN!


Laetitia Colombani, Der Zopf, Aus dem Französischen von Claudia Marquardt, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2018, 283 Seiten, ISBN 978 3 10 397351 8

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