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Daniela Krien "Der Brand"


Daniela Krien führt mich durch drei Wochen Sommerurlaub der Dresdner Rahel und Peter, die – das Ferienhaus ist niedergebrannt - nicht wie geplant in den Wanderurlaub fahren, sondern das Anwesen von Freunden in der Uckermark betreuen.

Daniela Krien "Der Brand"
Daniela Krien "Der Brand"

Rahel und Peter stecken als Paar fest. Überaus überzeugend fängt die Autorin den Status Quo zwischen den beiden ein, in die eine wie in die andere Richtung und mit allen Grauzonen dazwischen: einseitig geführte Gespräche, Wünsche und Bedürfnisse, die nur gedacht werden, Verletzungen, die nicht aufgearbeitet und nicht vergessen sind - dann aber auch das Einander-Kennen, das respektvolle, aber geruhsam gewordene und sich duldende Zusammenleben, das jedoch mehr Nebeneinander als Miteinander ist. Krien hat Gespür für die kleinen Gesten und Sätze, die auch nach dreißig Jahren Beziehung zu Missdeutungen und Missverständnissen führen aber auch von wortloser Übereinkunft zeugen. Alles umfasst von einer beiderseitigen Ratlosigkeit und von einer Sehnsucht nach dem so fernen Nahen - es ist kein Brand mehr, eine Glut nur noch.

 

Allein die Konzentration auf diese stille Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten hätte mir vollkommen ausgereicht. Die Autorin arbeitet ihre Beziehung skizzenhaft heraus, jedes Wort sitzt, keines ist zu viel.

 

Durch die Vielzahl anderer Themen und Konflikte rund um diese Hauptgeschichte fühlt sich der nur 270 Seiten umfassende Roman für mich jedoch überladen an: Spitzen auf Corona, das Gendern oder Social-Media-Einflüsse, Divergenzen zwischen den Generationen, schwieriges Mutter-Tochter-Verhältnis, Rahels unbekannter Vater, der Schlaganfall des Freundes Viktor …

 

… und hier wie auch in „Die Liebe im Ernstfall“ fehlt mir eine gewisse Leichtigkeit, ein wenig Humor. 

 

Dennoch habe ich Daniela Kriens Roman „Der Brand“ sehr gern gelesen, auch, da er idyllisch eingebettet ist in die entschleunigende Szenerie eines Uckermarckschen Bauernhofes - mit See, Pferd, Katzen, Storch, Garten und Künstleratelier.  


Daniela Krien, geboren 1975 in Neu-Kaliß, studierte Kulturwissenschaften und Kommunikations- und Medienwissenschaften in Leipzig. Seit 2010 ist sie freie Autorin, 2011 erschien Irgendwann werden wir uns alles erzählen, das in siebzehn Sprachen übersetzt wurde. Ihr letzter Roman Die Liebe im Ernstfall wird von Emily Atef verfilmt. Daniela Krien lebt mit zwei Töchtern in Leipzig.


Daniela Krien, Der Brand, Diogenes Verlag AG, Zürich 2021, 270 Seiten, ISBN 978 3 257 07048 4

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